Am 14. September wird in Köln ein neuer Rat und ein(e) neue(r) Oberbürgermeister:in gewählt. Das wird auch Auswirkungen auf die Kölner Literaturlandschaft haben. Wir haben aus diesem Grund vor der Kommunalwahl die kulturpolitischen Sprecher:innen von den Grünen, der SPD, von die LINKE, der CDU und der FDP befragt, um mehr über ihre kulturpolitischen Positionen zu erfahren. Brigitta von Bülow (Grüne), Maria Helmis (SPD) und Knut Scholz (die LINKE) haben geantwortet. Das erste Interview, das wir nun veröffentlichen, ist das mit Maria Helmis-Arend der SPD, das Interview mit Knut Scholz von Die Linke könnt ihr hier nachlesen. Das mit Brigitta von Bülow (Grüne) folgt in Kürze.

Die Kölner Literaturszene hat in den letzten Jahren eine beachtenswerte Entwicklung genommen und Köln wird immer mehr zur Hauptstadt der Lesungen – von großen Veranstaltungen und Festivals bis hin zu den vielen Lesereihen in Theatern, Cafés und Bars. Inwiefern ist den Politiker:innen im Rat diese Entwicklung bekannt und wie möchten Sie nach der Wahl diese Entwicklung unterstützen und fördern?

Ja, diese Entwicklung ist uns sehr bewusst, und wir sind auch stolz darauf. Köln hat sich in den letzten Jahren tatsächlich als Stadt der Lesungen und Literaturveranstaltungen profiliert. Das verdanken wir nicht zuletzt dem Engagement von Vereinen wie Literaturszene Köln e.V., vielen freien Veranstalterinnen und Veranstaltern und den Häusern, die ihre Bühnen für Lesungen öffnen. Als SPD-Fraktion setzen wir uns dafür ein, dass diese Vielfalt erhalten und weiter gestärkt wird, auch finanziell. Nach der Wahl wollen wir uns dafür einsetzen, dass die freie Literaturszene besser abgesichert wird, zum Beispiel über verlässliche Projektmittel, mehrjährige Förderlinien und über eine systematische Aufnahme solcher Formate in die Kulturförderplanung der Stadt. Wir wollen Literatur in Köln nicht nur als Nische sehen, sondern als wichtigen Teil einer lebendigen urbanen Kultur.

Mit den Studiengängen für Kreatives Schreiben an der KHM und der Universität zu Köln kommen jährlich neue talentierte Schreibende nach Köln. Der Literaturszene Köln e.V. setzt sich dafür ein, städtische Förderungen zu erhalten und auszubauen, um genau jene jungen Schreibenden in Köln zu halten. Dabei geht es auch um eine Flexibilisierung der Stipendien-Förderung hin zu mehr Recherche-, Reise- und Arbeitsstipendien. Werden Sie diese Ideen mit entwickeln und welche weiteren Maßnahmen, die Köln für junge Autor:innen reizvoll macht, verfolgen Sie?

Das ist ein wirklich wichtiger Punkt. Köln zieht mit seinen Studiengängen viele Talente an, und diese sollen hier nicht nur ausgebildet, sondern auch gehalten werden. Wir unterstützen die Idee, die bestehenden Förderinstrumente flexibler zu gestalten. Gerade Recherche- oder Arbeitsstipendien können helfen, dass Autorinnen und Autoren ihre Projekte hier vor Ort entwickeln und sichtbar bleiben. Wir wollen diese Diskussion aktiv mitgestalten. Ein weiterer wichtiger Baustein ist für uns die Stärkung der öffentlichen Literatur-Infrastruktur – allen voran unserer Stadtbibliothek, die ein zentraler Ort für Leseförderung, Bildung und Begegnung ist. Auch die Kunst- und Museumsbibliothek ist für uns ein kulturelles Gedächtnis dieser Stadt, das wir sichern und besser zugänglich machen wollen. Denn eine starke Literaturszene braucht auch starke öffentliche Orte für Literatur, Wissen und Austausch.

Kunst und Kultur im öffentlichen Raum nimmt einen immer wichtigeren Platz in der Kulturförderung ein. Auch die Literatur ist immer mehr präsent im öffentlichen Raum, sei es durch Bücherschränke oder den von der Stadt geförderten Literarischen Sommer: NIMM PLATZ am Neumarkt, organisiert von der Literaturszene Köln. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Formate wie NIMM PLATZ auch in Zukunft auf Kölner Plätzen umgesetzt werden können? Sehen Sie Möglichkeiten, solche wichtigen Formate auch finanziell zu verstetigen?

Wir werden uns ganz klar dafür einsetzen. Formate wie NIMM PLATZ sind genau das, was wir als Stadtgesellschaft brauchen. Sie öffnen Literatur für alle, schaffen Begegnung und beleben den öffentlichen Raum. Gerade am Neumarkt sehen wir aber auch, dass Kultur nicht alle sozialen Probleme eines Platzes lösen kann. Aber solche Formate zeigen vor Ort sehr deutlich, welches Potenzial Kultur für die Stadtentwicklung hat. Sie kann den Raum anders denken und Menschen zusammenbringen. Deshalb wollen wir dafür sorgen, dass solche Projekte nicht jedes Jahr um ihre Finanzierung bangen müssen. Unser Ziel ist es, sie in die Kulturförderplanung und auch in das Kulturentwicklungsprogramm der Stadt langfristig einzubinden. Konkret heißt das mehrjährige Förderperspektiven, transparente Verfahren und der Mut, solche Projekte als selbstverständlichen Teil städtischen Lebens zu betrachten.

Der Kinder- und Jugendbuchtag, den die Literaturszene Köln e.V. ins Leben gerufen hat und alle zwei Jahre organisiert, findet in der Szene, vor allem aber in der Stadtgesellschaft großen Anklang. Anfang des Jahres war der Aktionstag in der Haushaltsplanung für 2026 gestrichen. Die Kölner Verwaltung sah die Förderung nicht mehr vor. Erst der Stadtrat hat in seiner korrigierten Haushaltsfassung die Förderung wieder eingebracht. Werden Sie sich dafür einsetzen, die Finanzierung der Kinder- und Jugendliteratur in Köln, auch in Form der Arbeitsstipendien, zu stärken und langfristig zu sichern?

Ja, absolut. Die fehlende mittelfristige Absicherung im Haushaltsentwurf war aus unserer Sicht ein fatales Signal. Das Bündnis aus Grünen, CDU und Volt hatte den Ansatz zunächst nicht langfristig gesichert und erst in letzter Sekunde wieder eingesetzt. Dieses monatelange Bangen der Akteurinnen und Akteure hätte man durch verlässliche Planungssicherheit vermeiden müssen. Für uns als SPD-Fraktion ist Kinder- und Jugendliteratur ein zentraler Bestandteil kultureller Bildung. Wenn wir Kinder und Jugendliche für das Lesen und Schreiben begeistern wollen, brauchen wir solche Formate. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass diese Arbeit nicht nur kurzfristig finanziert wird, sondern auch langfristig abgesichert ist. Mir ist dabei besonders wichtig, dass wir Angebote schaffen, die alle Kinder erreichen – auch rechtsrheinisch und in den Veedeln, und dass wir Mehrsprachigkeit als Chance begreifen und in der Leseförderung stärken. Wir wollen, dass Köln ein guter Ort für Kinderliteratur ist, und zwar für alle Kinder, egal aus welchem Stadtteil oder Hintergrund.

Wie erleben Sie die Literaturszene in Köln? Haben Sie zuletzt eine interessante Veranstaltung oder Reihe besucht? In welcher Buchhandlung kaufen Sie Ihre Bücher und warum?

Ich erlebe die Kölner Literaturszene als enorm lebendig und vielfältig. Genau das macht unsere Stadt so spannend. Es war für mich in den letzten Jahren eine große Ehre, immer wieder die Reihe „Land in Sicht“, eine Preisverleihung für Nachwuchsautorinnen und -autoren, mit eröffnen zu dürfen. Außerdem bin ich als Jurymitglied für den Heinrich-Böll-Preis immer auf der Suche nach neuen literarischen Erfahrungen, sei es bei der lit.COLOGNE oder bei kleineren Formaten wie dem feministischen Projekt „Insert Female Artist“, einer Plattform und Reihe, die gezielt weibliche Perspektiven in Kunst und Literatur sichtbar macht. Meine Bücher kaufe ich sehr gerne bei der Buchhandlung Bittner. Ich finde, das ist eine der schönsten und klügsten Buchhandlungen Kölns mit einer exzellenten Auswahl und einer Beratung, die wirklich auf individuelle Wünsche eingeht. Mein Tipp: Im Zweifel einfach Herrn Bittner selbst fragen, was er gerade liest. Da entdeckt man immer etwas Unerwartetes und Besonderes. Solche unabhängigen Buchhandlungen sind wichtige Kulturorte im Veedel und ein unverzichtbarer Teil unserer literarischen Infrastruktur.

Maria Helmis-Arend, MdR‘
Stellv. Fraktionsvorsitzende der SPD im Rat der Stadt Köln
Kulturpolitische Sprecherin der Fraktion