Literaturkalender Köln

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Ein Postbote auf Lanzarote, der um seinen Sohn kämpft, ein dunkles Familiengeheimnis aus dem Spanischen Bürgerkrieg und ein blauer Ball, der über die Insel der hundert Vulkane bis nach Afrika rollt: Moritz Rinke entfacht in seinem zweiten Roman Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García (Kiepenheuer & Witsch) mit unvergleichlicher Tragikomik und schier atemberaubender Erzählkunst ein Feuerwerk an Geschichten. Margarete von Schwarzkopf moderiert.

»Hier ist ja nichts! Eine Insel mit nichts!«, hatte Pedro manchmal erboste Touristen bei Carlota an der Rezeption im Crystal Palace sagen hören, aber das stimmte nicht. Sie hatten keine Ahnung von der Anmut der schwarzen Strände, der braunen, rotbraunen, feuerroten, gelbbraunen oder ockerroten und ockerbraunen Vulkane. Manchmal waren sie in der Abendsonne auch plötzlich hellbeige und gelb bis blau oder lila.

Pedro Fernández García ist Postbote auf Lanzarote, ein »cineastischer Postbote«, wie er selbst sagt – denn seine Dienstzeit verbringt er mit James Bond und Indiana Jones im Kino, wenn er nicht gerade in den Norden der kargen Insel fährt, um am Hafen einen Café con leche zu trinken. Seit der Erfindung des Internets stellt er bis auf die lästigen, in Plastikfolie eingeschweißten Werbeprospekte kaum noch Post zu. So bleibt ihm schier unendlich viel Zeit, seinem Sohn Miguel alles über die Insel der hundert Vulkane zu erzählen und den Geheimnissen seiner Familie nachzuspüren: Was hat sein Großvater in den Dreißigerjahren in Spanisch-Marokko gemacht und wer war der mysteriöse Deutsche, bei dem er damals angestellt war? Außerdem sind da noch sein Freund Tenaro, ein arbeitsloser Fischer ohne Boot, und Amado, ein Geflüchteter aus Äquatorialguinea, mit denen Pedro den atemberaubenden Plan fasst, seinen Sohn, der zu seiner Mutter nach Barcelona zieht, auf die Insel zurückzuholen.

Mit Leichtigkeit und Verve erzählt Moritz Rinke eine Vater-Sohn-Geschichte, aus der eine Vielzahl weiterer Erzählstränge über Fußball, Literatur und die Globalisierung sprießt. Zugleich ist der zweite Roman des Dramatikers eine Liebeserklärung an die Insel Lanzarote mit all ihrem Reichtum an Geschichten. Doch ist Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García nicht einfach ein Urlaubsroman, sondern »ein politisches, unterhaltsam philosophisches Buch« (BZ), das nicht nur düstere Bilder einer faschistischen Vergangenheit evoziert, sondern in den Biografien seiner Figuren auch die Krisen unserer Gegenwart fassbar werden lässt. Denn das Lanzarote, das Moritz Rinke entwirft, ist auch eine Insel, an deren schwarzen Stränden sich das ganze Leid der Geflüchteten abzeichnet.

Veranstaltungspartner: Kiepenheuer & Witsch

Foto: (c) Peter Sickert

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