Liebe Nicole, liebe Christina, ihr macht zusammen den „Kleine Pause Podcast“ – zentrale Themen sind Schule, Rassismus und Diversität. Im „richtigen“ Leben arbeitet ihr beide in Köln als Lehrerinnen. Wie seid ihr darauf gekommen, gemeinsam einen Podcast zu machen?
Hallo! Erstmal vielen Dank für die Möglichkeit unseren Podcast hier in der Literaturszene Köln vorzustellen, das ehrt uns sehr.
Man kann definitiv sagen, dass es ein Prozess war diese Idee zu entwickeln, auszuschärfen und letztlich dann recht schnell umzusetzen. Wir sind beide gerne Lehrerinnen und vor allem unsere Schülerinnen und deren Zukunft in dieser komplexen, krisengeprägten Welt liegen uns sehr am Herzen. Gleichzeitig hadern wir sehr mit dieser Welt und ihren Systemen, sind politisch interessiert und haben beide ein starkes Gerechtigkeitsgefühl. Das geht mit dem System Schule, welches, wie unsere Gesellschaft(en) auch, von vielen machtvollen und auch diskriminierenden, verletzenden Strukturen geprägt ist, oft nicht überein. Darüber haben wir endlose Gespräche untereinander und mit guten Freund*innen geführt und letztlich gedacht, dass wir mit all den wichtigen Stimmen, deren Arbeit wir lesen und intensiv verfolgen, eigentlich auch mal über Schule reden müssten, um den Blick auf dieses und damit vielleicht letztlich die Schule selbst einem Realitätscheck zu unterziehen. So können wir hoffentlich einen kleinen Beitrag für längst überfällige Veränderungen leisten.
Nach welchen Kriterien sucht ihr euch Gäste und Gästinnen aus und welche Rolle spielt die Literatur dabei?
Ehrlich gesagt hätten wir nie gedacht, dass wir innerhalb so kurzer Zeit die Chance bekommen mit Menschen zu sprechen, deren Arbeit wir so bewundern. Wir lesen beide viel, sowohl Sachbücher und Fachliteratur, politische Essays als auch Belletristik. Außerdem folgen wir Menschen, die versuchen gegen Diskriminierung in all ihren Verschränkungen zu kämpfen. Hieraus ergeben sich dann häufig unsere Anfragen und mittlerweile sind wir ganz gut vernetzt, wodurch wir immer wieder neue Menschen und ihre spannenden Wirkbereiche kennenlernen dürfen. Literatur spielt hierbei natürlich eine sehr große Rolle, nicht nur, weil wir beide Deutschlehrerinnen sind, sondern vor allem, weil in der Literatur, ob kunstvoll, abstrakt oder eher sachlich, die Zeit in der wir leben verhandelt wird. Sie schafft Zugänge zu Themen und erweitert Perspektiven, selbstverständlich auch unsere.
Sprache verändert sich im Wandel der Zeit, sowohl die gesprochene als auch die geschriebene. Welche Veränderungen erlebt ihr in eurer Rolle als Lehrerinnen?
Diversitätssensibles, diskriminierungskritisches und inklusive Sprechen ist eine Herausforderung, der wir uns als Lehrpersonen stellen sollten. Wenn wir unseren Beruf ernst nehmen, muss uns klar sein, dass Diskriminierung, auch durch Sprache, zu ungleicher Chancenverteilung führt, ergo, wir werden unseren Ansprüchen als Pädagog*innen und Lehrer*innen nicht gerecht. Wenn wir gesellschaftliche Ausschlüsse und Ungleichheiten durch unsere Sprache reproduzieren, zum Beispiel, indem wir Othering betreiben oder missgendern, dann akzeptieren wir diese Ungleichmachung. Das versuchen wir, verbunden mit einer Fehlerfreundlichkeit, bei uns selbst zu vermeiden und anderen zu vermitteln. Es ist ein langer Weg und Sprache ist ein Baustein von vielen, aber es lohnt sich. Lest hierzu unbedingt „Sprache uns Sein“ von Kübra Gümüşay!
Welche Bezüge habt ihr zur Kölner Literaturszene und wie nehmt ihr diese wahr? 
Wahrscheinlich ist es ein ambivalentes Verhältnis. Wir wünschen uns oft, dass es in Köln Orte wie she said books oder Ocelot uvm. in Berlin geben würde. Gleichzeitig sehen wir, dass sich was tut und Kölner Literaturinstitutionen sich verändern. Durch unsere Podcastarbeit haben wir sozusagen ein wenig in die Literaturszene zurück gefunden und bekommen nun expliziter Veranstaltungen mit, die uns interessieren. Wir hoffen, das gilt für die gesamte Literaturszene, dass der Zeitgeist kein „Diversity-Trend“ ist, sondern eine ernsthafte Auseinandersetzung, auch mit eigenen Strukturen und Positionierungen.
Wie vernetzt ihr euch und welche Kultur-Veranstaltungen besucht ihr regelmäßig?
Ehrlich gesagt bekommen wir viele Veranstaltungen über Socialmedia reingespült oder tauschen uns mit Freund*innen und Bekannten aus, die in ähnlichen Bereichen arbeiten. Einige davon, wie beispielsweise Fatima Remli,  Oyindamola Alashe oder Emilene Wopana Mudimu schreiben selbst, wodurch es auch in unserem Umfeld eine hohe Literaturaffinität gibt. Wir versuchen die Arbeit aller unserer Gäst*innen über den Podcast hinaus zu unterstützen und freuen uns natürlich sehr, wenn sie in Köln lesen. Eine wirkliche Regelmäßigkeit gibt es hier aber nicht.
Könnt ihr schon verraten wer euer nächster Gast sein wird und zu welchem Thema? Wir sind neugierig!
Nach einer „kleinen Pause“ in den Herbstferien, werden wir mit Laura Cazés sprechen und freuen uns schon sehr. Sie hat gerade den Sammelband „Sicher sind wir nicht geblieben. Jüdischsein in Deutschland.“ herausgegeben, in welchem 12 Autor*innen zu diesem Thema essayistische Beitrage verfasst haben.
Vielen Dank für das Gespräch!