Literaturszene Köln: Lieber Herr Skoruppa, seit wann gibt es das Literaturatelier Köln und was können sich unsere Leser:innen darunter vorstellen?

Ekkehard Skoruppa: Das Literatur-Atelier Köln wurde vor über 30 Jahren auf Anregung der Stadtbibliothek Köln gegründet. Es ist ein Gesprächsforum für professionell schreibende Autorinnen und Autoren, die sich einmal im Monat im Literaturhaus Köln treffen. Vorgestellt und kritisch diskutiert werden eigene, neu entstandene bzw. entstehende Texte, für deren Weiterentwicklung die Gespräche im Kreis kompetenter KollegInnen oft hilfreich sind. Manche der im Atelier vorgestellten Arbeiten sind später als Buch, Hörspiel oder Theaterstück erschienen, angefangen bei Marcel Beyers „Flughunde“ (Suhrkamp) über Mithu Sanyals „Identitti“ (Hanser) bis zu Joachim Geils Hörspiel „Angespannt“ (SWR). Weitere Buchpublikationen sind im / aus dem Atelier heraus entstanden, zuletzt die Anthologie „Über die Verhältnisse“ (Dittrich 2019).

In der Regel werden bei den abendlichen Treffen zwei Texte (in Auszügen) diskutiert – aus verschiedenen Gattungen: Lyrik, Kurzgeschichte und Erzählung, Roman, Hörspiel oder andere szenisch-dramatische Formen. Erst lesen die AutorInnen, dann folgen die kontroversen und konstruktiven Gespräche. Natürlich geht es nicht ums gegenseitige Schulterklopfen – auch nicht um einen schönen Verriss. Was hat sich die Autorin/der Autor vorgenommen? Macht das Vorhaben Sinn? Erreicht der Text sein Ziel? Welche sprachlichen Mittel verwendet und welche Wirkung entfaltet er? Was sollte geändert werden? Solche Fragen werden gestellt. Die AutorInnen müssen sich das erst einmal schweigend anhören. Der Text soll für sich selbst sprechen. Und sein Feedback bekommen.

Derzeit gehören dem Literatur-Atelier rund 25 Autorinnen und Autoren an. Zu den einzelnen Treffen kommen in der Regel 8 – 12 Teilnehmende. Im Sommer wird den Atelier-Mitgliedern ein Workshop-Wochende in der Eifel angeboten. Und einmal im Jahr stellt das Literatur-Atelier einen Querschnitt seiner Arbeiten in einer öffentlichen Lesung im Literaturhaus Köln vor.
Sie veranstalten regelmäßig Werkstatt-Gespräche: Nach welchen Kriterien suchen Sie die Autor:innen aus und kann jede:r der Interesse daran hat, an den Veranstaltungen teilnehmen?

Das Atelier ist grundsätzlich offen für neue Mitglieder: Voraussetzung ist eine Kurzbewerbung mit Einreichung eigener Textproben. In der Regel sollten interessierte AutorInnen bereits veröffentlicht haben. Einen fixen Kriterien-Katalog für die Aufnahme ins Atelier gibt es nicht. An den Textproben lässt sich zumeist gut ablesen, ob InteressentInnen Erfahrungen im literarischen Schreiben (oder besonderes Talent) mitbringen oder vielleicht doch eher nach einer Schreibschule bzw. Creative-Writing-Runde suchen. Wogegen überhaupt nichts zu sagen ist. Nur sind die Ziele unterschiedlich. Für die einzelnen Abende wird die Textauswahl mit Vorlauf festgelegt. Vorschläge kann jedes Atelier-Mitglied machen.

Wie finanziert sich das Literaturatelier?

Das Atelier wird gefördert durch Mittel der Stadt Köln. Das Kölner Literaturhaus gewährt uns zudem Gastrecht für die Treffen und die öffentliche Veranstaltung. Auch von anderer Seite gab es Unterstützung. Was hoffentlich wieder der Fall sein wird. Für Autorinnen und Autoren ist die Teilnahme am Atelier kostenfrei.

Wie nehmen Sie die Literaturszene in Köln war? Was hat sich aus Ihrer Sicht verändert und was würden Sie sich für die Zukunft wünschen?

Was in meiner Heimatstadt literarisch passiert, bekomme ich leider nur aus der Ferne mit. Seit vielen Jahren wohne ich in der Nähe von Baden-Baden, das macht mich nicht gerade zum Fachmann für die Literaturszene in Köln. Mir scheint aber, dass sich seit den späten Achtzigern, der Zeit der Gründung des Ateliers, manches verbessert hat. Sicher hat die Zahl der Lesungen und literarischen Veranstaltungen zugenommen. Was insbesondere auch dem Literaturhaus Köln zu danken ist.

Und das literarische Schreiben hat Einzug gehalten an Universität und Hochschule. Einen Vorläufer des Literatur-Ateliers gab es übrigens an der Kölner Uni: die „Autorenwerkstatt*. Auch die habe ich eine Zeitlang geleitet. Sie richtete sich an Studentinnen und Studenten. Für nicht (mehr) studierende Autorinnen und Autoren gab es dergleichen nicht. So kam es –  unter finanzkräftiger Mithilfe der SK Stiftung Kultur – zur Gründung des Literatur-Ateliers. Und wenn sie mich nach meinen Wünschen fragen: Ich kenne einige Literaturhäuser in Deutschland und würde unbescheiden sagen – großzügigere Räumlichkeiten und eine noch stärkere Förderung für das Kölner Literaturhaus! Das ist zwar schön – aber wenn man andere Häuser besucht, sieht man, dass es noch besser geht. Die lebendige Kölner Literaturszene hätte es ebenfalls verdient.

Wir danken für Ihre Zeit und das Gespräch.

Die Fragen für die Literaturszene Köln stellte Paula Döring.

Über Ekkehard Skoruppa:

Ekkehard Skoruppa ist Dramaturg und Kulturjournalist. Bis zum Eintritt in den Ruhestand (2021) war er Abteilungsleiter im Kulturprogramm des Südwestrundfunks in Baden-Baden, zuständig für Hörspiel und Feature, Literatur, Unterhaltung und künstlerische Produktion. Zusammen mit dem Lyriker, Übersetzer und Publizisten Norbert Hummelt hat er das Literatur-Atelier 1989 gegründet. Viele Jahre wurden die Gesprächsleitungen im Duo übernommen: Nach Norbert Hummelt durfte Skoruppa mit Martin Hielscher (Programmleiter C.H. Beck Verlag), Jo Lendle (Verleger Hanser) und der Schriftstellerin Liane Dirks die Gesprächsrunden moderieren.