Wir treffen uns im Netz – das gilt auch für das Interview mit Philipp-Bo Franke und Jonas Linnebank, das noch während des Lockdowns im Mai via Zoom stattfinden musste.
Die 6. Ausgabe ihres Literaturmagazins KLITERATUR ist fertig und ab heute in den Buchhandlungen eures Vertrauens und auf kliteratur.de erhältlich!
Das Interview führte Paula Döring
Die aktuelle Ausgabe ist das erste Heft, das kein übergeordnetes Thema hat…
Jonas Linnebank: Wir haben erst überlegt eine Ausgabe zum Thema „Widerstand“ zu produzieren – das Thema haben wir dann aber schon überall sonst auch gefunden.. Deswegen haben wir es dieses Mal anders gemacht und nur um die Einreichung von ehrlichen Texten gebeten. Keiner Überthema, nichts. Ziel war es, noch freier zu arbeiten.
Wie setzt sich euer Magazin zusammen, wieviel Text kommt von freien Schreibenden, wieviel von euch?
Philipp-Bo Franke: Zu jeder Ausgabe gibt es eine Ausschreibung, zwei Drittel des Magazins besteht aus eingesandten Texten und ganz wichtig, Kunst und Grafik-Beiträgen. Die visuelle Umsetzung spielt eine mindestens genauso wichtige Rolle.
Gibt es Vorlagen an die sich die Einreichenden halten müssen?
Philipp-Bo: Wir halten es frei nach Roland Barthes: Literatur ist alles was geschrieben ist. Konkret in der Realisation bedeutet das: Die Idee des Magazins ist grundsätzlich eine sehr freie und so könnten Texte aller Genres eingereicht werden, formale Einordnungen spielen hierbei keine Rolle. Es kann auch eine Quittung sein, eine Mail oder eine flüchtige Notiz. Alles ist möglich, nichts lehnen wir von vorne herein ab.
Wie kam es zu KLiteratur, was war euer persönliches Antrieb ein Magazin zu gestalten?
Jonas: Ich hatte das Gefühl, dass es sowas in Köln noch nicht gibt, dass wir hier ein Literaturmagazin brauchen und habe Bo da so mit reingezogen.
(Die beiden kennen sich von der Uni Köln, sie haben dort gleichzeitig Deutsche Sprache und Literatur und Philosophie studiert, Anm. der Redaktion)
Philipp-Bo: Unsere BA-Arbeiten waren geschrieben, das Konto war eh leer, aber der Idealismus war da und die Motivation auch – dem Magazin stand also nichts mehr im Wege.
Jonas: Meine Cousine Marleen Böcker studierte zu der Zeit Kommunikationsdesign, sie hat die Idee von Anfang an mitgetragen und die ersten vier Ausgaben gelayoutet.
Wie habt ihr die erste Ausgabe finanziert, wie finanziert ihr euch heute?
Jonas: Wir finanzieren die Kliteratur durch unseren Verein Kunts e.V. Am Anfang hatten wir gerade mal 2.000 Euro mit denen wir gestartet sind. Gemeinsam mit dem Integrationshaus e.v. und der parasitenpresse machen wir das elk, das Europäische Literaturfestival Köln Kalk. Das wird u.a. von der Rheinenergie Stiftung, der Kunststiftung, dem Kulturamt, der Bezirksregierung, der Sparkasse und aus dem Bezirk Kalk gefördert. Auch damit finanzieren wir unser Magazin
Philipp-Bo: Eigentlich macht die Zeitschrift miese, aber wir haben es geschafft, eine Struktur aufzubauen, die das abfedert. Zum Glück. Denn hätten wir einen gescheiten BusinessPlan aufgestellt und umgesetzt, müssten wir die KLiteratur für 10,- verkaufen. Wir wären dann sofort elitär und nur für eine bestimmte Zielgruppe erschwinglich und das wollten und wollen wir nicht.
Jonas: Wir wollen ja raus aus dem akademischen Kontext. Uns geht es darum auch mal andere zu erreichen, eine ganz andere Zielgruppe zu haben. Wir wollen nahbar sein, Literatur für alle zugänglich machen. Deswegen sind wir bezahlbar. Deswegen haben wir zusätzlich Anfang des Jahres zusätzlich das Magazin „Die Kleine“ herausgebracht, das man kostenlos am Kiosk und im Buchhandel mitnehmen kann.
Was sind für euch die nächsten Schritte, wo wollt ihr hin?
Jonas: Wir sind gerade an einem Wendepunkt und müssten uns eigentlich genau jetzt entscheiden. Wollen wir eine strukturelle Förderung, muss es ein neues Abo geben und dann gleich Deutschland weit? Wollen wir ein Projekt für Liebhaber:innen bleiben oder wachsen. Raus aus dem Buchhandel, raus aus der Nische und rein in die Kioske?
Philipp-Bo: Daraus ergibt sich die Frage wie sehr Mainstream können und wollen wir werden. Irritation ist gut. Wollen wir das aufgeben? Müssten wir das aufgeben? Das sind Fragen die uns gerade beschäftigen.
Ihr habt in Köln studiert und euch bewusst entschieden, hier zu bleiben und ein Literaturmagazin für Köln zu entwickeln. Was schätzt ihr an Köln?
Jonas: Ja, wir fühlen uns hier intellektuell wohl.
Philipp-Bo: Was meinst du denn damit?
Jonas: Damit meine ich, dass es eine Art Zersplitterung der Szene, die es zum Beispiel in Berlin gibt, hier in Köln nicht zu finden ist. Stadt und Literaturszene sind überschaubar. Das ist eine gute Grundlage für kreative Projekte. Gleich zu Beginn haben wir recht naiv einfach Leute gefragt ob sie mitmachen und uns helfen wollen, der Zuspruch war enorm. Wichtig für uns war auch die Unterstützung durch Adrian Kasnitz, er hat uns gleich einen Zugang zur Literaturszene verschafft.
Wie empfindet ihr denn die Literaturszene Köln?
Philipp-Bo: Es gibt hier die klassischen, etablierten Institutionen und dann gibt es noch viele kleinere, freier Projekte. Als wir angefangen haben, war das schon eine große Diskrepanz zu spüren.
Jonas: Das ändert sich jedoch zunehmend. Bestes Beispiel war das Literaturprojekt TRANSIT am Ebertplatz, bei dem Bo in der Jury war. Die Szene ist auf jeden Fall auf dem Weg in die richtige Richtung.
Lieber Jonas, lieber Bo, ich danke euch für das Gespräch!
Die KLiteratur erscheint 2 Mal im jährlich und bewegt sich zwischen Magazin, Kunstprojekt, Popkultur, Papier und Internet. Manchmal ist eine Portion Trash mit dabei, manchmal eine Portion Philosophie, immer eine große Portion Gesellschaft und der Anspruch, Themen über die gegenwärtigen Verhältnisse hinaus zu denken.
Die KLiteratur versteht sich ausdrücklich als eine Zeitschrift von Künstler:innen und Literat:innen, deren Ziel es ist, gesellschaftliche Gegenwart durch Schrift zu öffnen und über Kunst zugänglich zu machen.