Literaturszene Köln: Ihr arbeitet beide für die Kölner Freiwilligen Agentur e.V. und dort konkret für die LeseWelten. Erzählt doch ein wenig, was genau wir uns darüber vorstellen können und was eure Arbeitsbereiche sind.

Franziska Kopp: LeseWelten ist ein Projekt der Kölner Freiwilligen Agentur und uns gibt es seit 2004, nächstes Jahr feiern wir also großes Jubiläum! Die Kölner Freiwilligen Agentur gibt es allerdings schon viel länger, seit 1997. Gegründet wurde sie von engagierten Kölner:innen, die sich für bürgerschaftliches Engagement einsetzen wollten. Und das tut die KFA bis heute, in verschiedenen Projektbereichen, so wie eben auch bei LeseWelten.

Simone Krost: Wir bei LeseWelten sind davon überzeugt, dass Vorlesen Kindern die Welt eröffnet und leisten mit unseren ehrenamtlichen Vorlesestunden in Köln einen wichtigen und nachgewiesen wirksamen Beitrag für die Gesellschaft. Als Leiterin von LeseWelten bin ich dafür zuständig, die Vorlese-Initiative der Kölner Freiwilligen Agentur zu steuern und weiterzuentwickeln. Finanzen, Fundraising und die damit einhergehende Öffentlichkeitsarbeit sind große Themen für mich, denn leider ist unsere finanzielle Zukunft durch unstetige (Projekt-)fördermittel immer wieder ungewiss.

Gemeinsam mit Franziska koordiniere ich aktuell ca. 120 ehrenamtliche Vorleserinnen und Vorleser. Vor allem die literaturpädagogische Qualifizierung, passende Vermittlung und weitere Begleitung der Ehrenamtlichen sind uns für qualitativ hochwertige Vorlesestunden mit hohem Spaßfaktor sehr wichtig. Die Vision, möglichst vielen Kölner Kindern eine regelmäßige Vorlesestunde zu ermöglichen, teilen wir mit zusätzlichen 30 ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die LeseWelten in den Teams Kommunikation, Fundraising, Scouting neuer Vorlesestellen und Projektarbeit unterstützen. Das Freiwilligenmanagement ist für mich unglaublich spannend und neben der Leseförderung ein wichtiger und sinnstiftender Aufgabenbereich, bei dem ich viele tolle Menschen kennenlerne. Außerdem macht die Zusammenarbeit mit unserem Schirmherrn und Moderator André Gatzke sowie Liesbert, unserem Vorlese-Monster und Maskottchen viel Spaß!

Franziska: Ich bin die Bildungsreferentin bei LeseWelten und zu meinen Kernaufgaben zählt die literaturpädagogische Qualifizierung, die Simone erwähnt hat, genauer heißt das die Organisation von Seminaren und die Begleitung unserer ehrenamtlichen Vorleser:innen dabei. Außerdem kümmere ich mich um die passende Vermittlung unserer Ehrenamtlichen in die jeweiligen Einrichtungen. Das heißt vom ersten Kontakt an, über die literaturpädagogische Mini-Ausbildung bis hin zum aktiven Ehrenamt als Vorleser:in bin und bleibe ich die Ansprechpartnerin für unsere Vorleser:innen. Ein gelingendes und wertschätzendes Freiwilligenmanagement ist daher meine Hauptaufgabe. Oft mische ich aber auch bei externen Events mit und helfe in der Planung und Umsetzung oder ich organisiere einen Ausflug, tüte eine Kooperation mit dem Jungen Literaturhaus ein oder tippe einen Newsletter. Mein Alltag bei LeseWelten ist sehr abwechslungsreich und gespickt mit Kontakt, Kommunikation und Koordination mit vielen tollen, engagierten Menschen. Das macht mir jeden Tag Freude!

Literaturszene Köln: Wie seid ihr zu LeseWelten gekommen und was ist euer beruflicher Backround?

Simone: Ich bin 2015 als Ehrenamtliche im Kommunikations-Team bei LeseWelten eingestiegen.  Beruflich war ich damals im Marketing- und Medienbereich aktiv und freute mich darüber, meine Fähigkeiten gut und sinnstiftend in die Vorlese-Initiative einzubringen, ab und zu in das Liesbert-Kostüm zu schlüpfen und damit die Kinderaugen zum Leuchten zu bringen. Ende 2020 bekam ich von der damaligen Leitung den Auftrag, die Stellenausschreibung zur Suche einer Nachfolge zu veröffentlichen. Meine Antwort: „Ja, mache ich. Aber: Ich bewerbe mich auch darauf.“ Im März 2021 war mein erster hauptamtlicher Arbeitstag bei LeseWelten. Für mich war das eine große berufliche Veränderung: Vom großen Konzern in den kleinen Verein. Ich habe es jedoch nie bereut und kann meine Orga-, Zahlen- und Marketing-Talente ganz wunderbar bei LeseWelten und in die Kölner Freiwilligen Agentur übertragen.

Franziska: Mein universitärer Backround liegt im schönen, schwammigen Feld „irgendwas mit Medien und Germanistik“. Ich habe einen Bachelor in „Medienkulturwissenschaften“ und „Deutsche Sprache und Literatur“ und einen Master in „Theorien und Praktiken professionellen Schreibens“. Meinen ersten Kontakt mit Kinderliteratur als Erwachsene hatte ich während einer Mutterschutzvertretung, bei der ich die Leitung des Jungen Literaturhauses, Ines Dettmann, vertreten habe. Seitdem ist mir klar: Die Verbindung aus Kinder- und Jugendliteratur und Veranstaltungen bzw. Kulturmanagement ist meins. Darauf habe ich Lust.

Nach dem Master habe ich dann eine Zusatzausbildung im „Kultur- und Non-Profit Management“ absolviert und parallel als Leitung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Theater gearbeitet. Und dann wurde die Stelle bei LeseWelten frei und jetzt freue ich mich riesig seit Mai 2022 bei LeseWelten zu sein und meine beiden Leidenschaften verbinden zu können: Literatur und Organisation!

(In meiner restlichen Zeit (ich bin in Teilzeit bei LeseWelten) bin ich freischaffende Autorin und schreibe hauptsächlich für Podcasts. Außerdem betreue ich die Kölner Literaturstipendien für das Literaturhaus Koeln.)

Literaturszene Köln: Wie finanziert sich LeseWelten? 

Simone: LeseWelten wird seit 2020 zu Teilen durch die Stadt Köln gefördert, was uns sehr freut. Leider sind wir bisher nicht in der mittelfristigen Haushaltsplanung vorgesehen und unsere Kosten werden nur zur Hälfte über diese Förderung gedeckt. Deshalb sind wir auf weitere Förderungen und Spenden angewiesen. Es gibt den LeseWelten Freundeskreis, bei dem sich Dauerspender:innen engagieren und viele weitere Möglichkeiten wie z.B. die Übernahme einer Kita-Patenschaft oder die Teilnahme am jährlichen Spendenlauf, um LeseWelten als Privatperson oder Unternehmen zu unterstützen. Aktuell sind wir dabei, einen neuen Projektantrag im Bereich Kinderrechte bei einem Förderer einzureichen. Die Daumen dürfen also gedrückt werden! Grundsätzlich ist das Thema Finanzierung aber sehr mühselig und herausfordernd – wie leider so oft im gemeinnützigen und kulturellen Bereich.

Literaturszene Köln: Wie kann man sich bei euch engagieren und bietet ihr Praktika an?

Franziska: Also erstmal kann man natürlich Vorleser:in bei uns werden und regelmäßig Kindern in Kitas, Grundschulen, Wohnheimen für Geflüchtete, Bibliotheken oder auch in Kölner Museen schöne Vorlesestunden bescheren. Wir haben aber auch ganz tolle, engagierte Ehrenamtliche in unseren Orga-Teams, ohne die würden Simone und ich vermutlich unter gehen. Sie greifen uns in den Arbeitsfeldern Öffentlichkeitsarbeit, Projektplanung, Finanzierung und dem Scouting der Einrichtungen unter die Arme und sind nicht wegzudenken bei LeseWelten.

Außerdem haben wir derzeit einen Freiwilligendienstleistenden, der 1 Jahr lang bei uns mitarbeitet und sich hochmotiviert um unseren Social Media Auftritt kümmert. Alles was man derzeit auf Instagram und Facebook zu sehen bekommt, ging über seinen Schreibtisch.

Ab Mitte Juli suchen wir eine Nachfolge für diese Aufgabe: Freiwillige vor! Praktika im klassischen Sinne bieten wir allerdings nicht an.

Literaturszene Köln: Wie nehmt ihr die Literaturszene in Köln wahr und was würdet ihr euch für die Zukunft wünschen?

Franziska: Ich nehme die Literaturszene in Köln als lebendig, vielseitig und aufstrebend wahr. Klar, wenn gerade die Lit.Cologne stattfindet, explodiert natürlich kurz einmal die ganze Stadt! Aber gerade auch durch den neuen Master im „Professionellen Schreiben“ an der Uni Köln und „Literarisches Schreiben“ an der KHM habe ich das Gefühl, dass die Newcomer-Szene wächst, sich immer mehr vernetzt und tolle neue, nicht kommerzielle Lesereihen entstehen. Wir haben viele engagierte Buchhandlungen, natürlich das Literaturhaus als festen Anker, aber auch großartige kleine sowie große Literatur-Festivals …Wenn man möchte, kann man fast jeden Tag irgendwo Literatur erleben und das ist einfach großartig.

Ich würde mir wünschen, dass sich auch die Kinder- und Jugendliteraturszene noch stärker vernetzt und sichtbarer wird. Mit dem ersten Kölner Kinder- und Jugendbuchtag im August 2022 ist dafür ein weiterer Auftakt geschaffen. Hier freue ich mich auf mehr und LeseWelten ist tatkräftig mit dabei! Je mehr Kinder vorgelesen bekommen (und später selber lesen) desto besser. Und das gelingt eben durch eine kleine, höchst wichtige Sache: Begeisterung fürs Buch!

Simone: Die Kölner Literaturszene hat einiges zu bieten und dafür bin ich unglaublich dankbar. In den letzten Jahren ist viel im Bereich Vernetzung und Austausch geschehen, wovon wir bei LeseWelten natürlich sehr profitieren. Bei unseren Vorlese-Aktivitäten stehen vor allem die Kinder im Fokus, die von Haus aus eher wenig oder gar nicht in die phantastische Welt der Bücher und Geschichten eintauchen. Leider erreichen wir mit unseren Ressourcen nur eine kleine Zielgruppe, obwohl hier in der Stadt ein großes Potential liegt. Ich wünsche mir, dass im Bereich der Kölner Kinder- und Jugendliteraturszene genau diese Zielgruppe durch spannende Projekte und Events noch besser erreicht wird und wir damit noch mehr für die Chancengleichheit tun. Denn gute Bildung ist ein Kinderrecht!