Köln, Februar 2023

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Reker,

die Zentralbibliothek Köln mit ihren Büchern und den vielfältigen Angeboten an Medien, kultureller Bildung und Veranstaltungen gehört ins Herz der Stadt, in die Mitte unserer Gesellschaft. Die Zentralbibliothek als wichtige Akteurin im gewünschten und zeitgemäßen gesellschaftlichen Transformationsprozess Kölns wird einen wesentlichen Bedeutungsverlust erleiden, wenn sie an den Rand gedrängt oder mittelfristig auf verschiedene Standorte aufgeteilt wird. Akteurinnen und Akteure der Kulturszene Kölns und ganz Nordrhein-Westfalens fordern den Verbleib der Stadtbibliothek am Neumarkt und den baldigen Beginn der Sanierung nach den Plänen des Architekten Aat Vos.

Die Kölner Zentralbibliothek ist eine der renommiertesten Bibliotheken Deutschlands und genießt auch international einen herausragenden Ruf. Mehrfach wurde sie für ihre vielfältige und innovative Vermittlungsarbeit ausgezeichnet. Am Neumarkt, an zentraler Stelle unserer Stadt, stellt sie Kölner Bürgerinnen und Bürgern ein umfassendes, niederschwelliges Bildungs- und Informationsangebot zur Verfügung. Als nicht kommerzielle Begegnungsstätte, als Dritter Ort, erreicht sie ein großes und diverses Publikum. Sie gestaltet aktiv die Teilhabe an Bildung, Kultur und gesellschaftlichen Prozessen. Mit umfangreichen Buchbeständen und einer breiten Palette an Medien sowie zahlreichen attraktiven Dienstleistungen und Veranstaltungsformaten spricht sie die gesamte Kölner Bevölkerung an und wird sehr stark frequentiert. Sie bietet Raum für die Bestände der renommierten Germania Judaica und ist mit dem Literatur-in-Köln- und dem Heinrich-Böll-Archiv Anlaufstelle der Kölner Literaturszene. Als etablierter und wichtiger Ort der Kultur ist die Zentralbibliothek Teil des Kulturquartiers am Neumarkt, dessen geplante Aufwertung durch die Bibliothek wesentlich mitbestimmt wird.

In den letzten Jahren wurde die Sanierung des Baus aus dem Jahr 1979 bis ins Detail geplant und mit Hilfe des renommierten Architekten Aat Vos ein zeitgemäßer Ort mit großer Strahlkraft entworfen.

Seit dem 25. Januar 2023 wird nun in einer Reihe von Artikeln und Statements diese zeitnahe Sanierung und sogar der Standort Josef-Haubrich-Hof in Frage gestellt. Mit der Behauptung, dass die Statik des Gebäudes nicht mehr tragfähig sei, werden der Abriss des Gebäudes und die Verlagerung der Bibliothek an einen nicht näher benannten Ort erwogen.

Es liegt ein gültiges Statik-Gutachten der Firma Pirlet & Partner vor, das die Tragfähigkeit der Statik diagnostiziert. Die Verhinderung der Sanierung entbehrt somit einer Grundlage. Ein Abriss der sanierungsfähigen Zentralbibliothek widerspricht zudem ökologischen Gesichtspunkten und den klimapolitischen Zielen der Nachhaltigkeit, zumal der Bund deutscher Architektinnen und Architekten, BdA, und Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, BUND, ein Abrissmoratorium nutzungsfähiger Gebäude fordern. Die Sanierung im Bestand – trotz wachsender Kosten – ist die kostengünstigste und schnellste Option, um den Kölner Bürgerinnen und Bürgern eine Zentralbibliothek in all ihren Funktionen und mit erweiterten Möglichkeiten zu bieten.

Die Stadtbibliothek Köln genießt weltweites Ansehen durch die unermüdliche und hervorragende Arbeit von Dr. Hannelore Vogt und des engagierten Bibliotheksteams. In der Stadt Heinrich Bölls muss dieser bedeutende Ort der Bücher, Medien und gesellschaftlichen Relevanz mit einer zügigen und passgenauen Sanierung eine angemessene Wertschätzung erfahren. Ein Abriss ist in keiner Weise mit den klimapolitischen Zielen der Stadt vereinbar und eine Dezentralisierung schwächt zudem das Ansehen der Stadt Köln als Ort kultureller Teilhabe und erfolgreicher Bildungsvermittlung.

Wir sprechen uns ausdrücklich für den raschen Beginn der Sanierung nach den vorliegenden Plänen aus, denn sie ist die einzige ökologisch vertretbare Lösung. Wir sprechen uns deutlich für den Standort Josef-Haubrich-Hof aus. Bildung, Medien und die Literatur gehören in die Mitte der Gesellschaft und an den Neumarkt. Wir fordern ein Ende der unsachgemäßen Diskussion und ein Bekenntnis zur Sanierung der Zentralbibliothek am Josef-Haubrich-Hof.

Mit freundlichen Grüßen,

Bettina Fischer, Ute Wegmann, Gerrit Völker, Geschäftsführender Vorstand, Literaturszene Köln e.V.

Wolfgang Schmitz, Volker Schaeffer, Bruno Wenn, Geschäftsführender Vorstand, Literaturhaus Köln e.V.

Mit Unterstützung von:

Gerhart Baum für den Vorstand des Kulturrat NRW

Antje Deistler, Sprecherin der Sektion Literatur im Kulturrat NRW

Hermann Hollmann, Vorsitzender, Kölner Kulturrat

Michael Serrer, Vorsitzender, LiteraturRat NRW

Lale Konuk und Manuel Moser, Geschäftsführender Vorstand, KulturNetzKöln e.V.

Rainer Osnowski, Geschäftsführer lit.COLOGNE GmbH

Dr. Johannes Borbach-Jaene, Vorsitzender für die Öffentlichen Bibliotheken, Verband der Bibliotheken des Landes NRW e.V.

Norbert Bauer, Leiter der Karl Rahner Akademie

Anja Fröhlich für den Schreibraum Köln

Martin Stankowski