Literaturszene Köln: Liebe Franziska, im September letzten Jahres hast du als Verlegerin den Emons Verlag übernommen, den dein Vater Hejo Emons 1984 in Köln gegründet hat. Was hat sich seitdem verändert?
Franziska Emons-Hausen: Die letzten Monate sind wie im Flug vergangen, und es gab offen gestanden wenig Gelegenheit zum Innehalten. Im Verlag arbeite ich mit einem Team zusammen, das sich seit vielen Jahren kennt. Insofern wusste ich, dass ich mich auf viele Prozesse verlassen kann – zumal ich selbst ja schon lange an Bord bin. Im Kleinen haben sich aber sicher Dinge gewandelt. Was mir nach der langen Corona-Zeit sehr gefehlt hat, waren der persönliche Kontakt und die Treffen im Verlag. Das haben wir in den letzten Monaten wieder deutlich intensiviert. Wir arbeiten immer noch sehr flexibel, kommen aber wieder viel häufiger zusammen. Dieser Austausch in Meetings, aber vor allem auch die vielen kleinen Gespräche helfen uns aktuell sehr dabei, die unterschiedlichen Ideen, Anregungen, Pläne und Gedanken zusammenzubringen.
Literaturszene Köln: Hejo gilt als Erfinder des Regionalkrimis – ihr habt die letzten Jahre schon eng zusammengearbeitet und gemeinsam die erfolgreiche Reihe der 111 Orte« entwickelt und auf dem Buchmarkt etabliert. In welche Richtung wird sich euer Programm entwickeln, gibt es inhaltliche Schwerpunkte, die du setzen möchtest?
Franziska Emons-Hausen: Ich hatte an meinem ersten Arbeitstag als Verlegerin zum Glück nicht das Gefühl, nun alles auf den Kopf stellen zu müssen. Auch, weil ich weiß, dass bei uns im Team eine große Offenheit für Neues und Veränderung ohnehin gegeben ist. Natürlich haben wir über die Jahre in einigen Bereichen Stärken und Programmschwerpunkte herausgebildet und das ist ohne jeden Zweifel etwas, das uns im Alltag sehr hilft. Aber wir scheuen uns auch nicht vor der Herausforderung, neues Terrain zu betreten und Dinge auszuprobieren. Und das halte ich auch für wichtig. Denn auch die Literaturbranche tut gut daran, sich selbst immer wieder zu hinterfragen, und damit zu vermeiden, dass ihre Themen, Blickwinkel und Ansätze erstarren und zu homogen werden. Die Welt ist im Wandel und alle Beteiligten sind daher gefragt, die Themen, Perspektiven und Bücher von Heute und Morgen zu finden und zu entwickeln, damit das Medium Buch seinen Platz in der Mitte Gesellschaft behält. Aber wenn wir alle mit offenen Augen durch die Welt gehen, kann und wird das auch gut gelingen.
Literaturszene Köln: Köln ohne Emons ist nicht vorstellbar – wie nimmst du die Kölner Literaturszene wahr und was würdest du dir für die Zukunft wünschen?
Franziska Emons-Hausen: Köln ist eine Literaturstadt, und wir als Verlag profitieren sehr davon, dass hier viele Wege kurz sind. Das merken wir im Kleinen, wenn man Hilfe benötigt, weil man zum Beispiel auf der Suche nach einer Moderation für eine Veranstaltung ist, und sofort Tipps und Kontakte bekommt. Und wir merken es als Mitorganisator der »Crime Cologne« auch in größerem Ausmaß. Mit welcher Offenheit unser Krimifestival jedes Jahr von so vielen Partner:innen angenommen und mitgestaltet wird, ist erstaunlich und großartig. Aber natürlich kann es niemals ein »Zuviel« an Austausch geben. Insbesondere freue ich mich, wenn unterschiedliche Literaturbereiche noch intensiver zusammenkommen. Innerhalb der Belletristik ist unser Verlagsblick oftmals sehr von der Krimiperspektive geprägt. Wir sind ein Verlag, der mit Kriminalromanen groß und erfolgreich geworden ist, und dieses Genre macht uns nach wie vor große Freude. Aber das bedeutet nicht, dass uns andere Genres und Blickwinkel nicht interessieren. Ich glaube sogar, dass die Texte und Sichtweisen, die an solchen Schnittstellen entstehen, oftmals die reizvollsten und diejenigen sind, die neue Impulse setzen können.
Literaturszene Köln: Gibt es Emons-Titel, die du unseren Leserinnen und Lesern für dieses Frühjahr unbedingt empfehlen möchtest?
Franziska Emons-Hausen: Im März erscheint der Roman »Doch das Messer sieht man nicht« unserer Autorin I.L. Callis, der im Berlin der 30er Jahre spielt und den ich besonders gerne gelesen habe, auch weil zwei sehr starke Frauenfiguren im Fokus stehen. Im Sachbuch freue ich mich sehr, dass nun der Bildband »Fotogeschichten Kölner Südstadt« mit Fotografien von Chargesheimer und Eusebius Wirdeier sowie Texten, Erinnerungen und privaten Fotos von Wolfgang Niedecken erscheint. Der großformatige Band erzählt die Geschichte des urkölschen Veedels im Herzen unserer Stadt. Er ist sehr liebevoll gestaltet, und die Texte und Bilder wecken Emotionen. In unserer 111-Orte-Reihe staune ich immer noch über den Band »111 mal Köln früher und heute«, der beeindruckend und bildhaft vor Augen führt, wie sehr und wie schnell sich unsere Stadt verändert.
Vielen Dank für das schöne Gespräch, liebe Franziska!
Die Fragen für die Literaturszene Köln stellte Paula Döring.