Wer dabei war, wird sie nicht vergessen. Norman Junges Frankfurter Rede, die er 2012 zur Verleihung des Sonderpreises Illustration im Rahmen des Deutschen Jugendliteraturpreises für sein Lebenswerk hielt. Auf der Plattform Youtube gibt es Ausschnitte davon, in denen man sehen und hören kann, wie er von seiner Arbeit an den Illustrationen von Ernst Jandls Gedicht „Immer höher“ erzählt. 1967 war Norman Junge wegen der Kunst nach Köln gekommen, im Rheinland fühlte er sich wohl, aber sein Humor blieb norddeutsch, trocken und pointiert.
Als Sechsjähriger erlebte Norman Junge 1944 die Luftangriffe auf seine Heimatstadt Kiel, die in seinem Werk auf unterschiedlichste Weise ihr Echo finden sollten. Noch in Junges Mega-Bestseller – dem Bilderbuch „Fünftersein“ – sieht man wie die Deckenlampe im Wartezimmer eines Arztes schwankend ihre Schatten wirft. Ganz so, als hätten Vibrationen das Haus erfasst. Seine Bilderbücher waren in hellen Farben gehalten und doch entbehren sie bei aller Lebensfreude nicht der schattigen Seiten. Meisterhaft verstand er sich auf den Umgang mit den vielfältigen Gesichtern der Angst.
Junges Sympathie gehörte den Störenfrieden der bürgerlichen Ordnung, auch deshalb entwickelte er seine Bildwelten zu den Texten von Joachim Ringelnatz („Der Schnupfen“), Christian Morgenstern („Das große Lalula“) und immer wieder Ernst Jandl. Poetische Subversion demonstrierte Junge 1986 als er sich von der ahnungslosen Bundeswehr im Ohrensessel als „Schlachtenmaler“ engagieren ließ.
Neben seinen Bilderbüchern arbeitete Norman Junge für „Die Sendung mit der Maus“, in der er sein zweites großes Talent, den Umgang mit der Bewegung im Bild, ausspielen konnte. Denn Junge verstand sich vor allem anderen als Bildhauer. In einer großen Werkschau zeigte er 2010 im Museum für Angewandte Kunst Köln seine beweglichen Nonsense-Skulpturen, wie das eintastige Klavier oder den Propeller, der sich um sich selbst dreht.
Am 31. März starb Norman Junge nach langer Krankheit in Köln.