Der Selbstmord der Schwester reißt die Fotografin Bettina Flitner in tiefe Verzweiflung, der sie mit diesem Buch das Erzählen entgegensetzt. Mit einem an der Fotografie geschulten, unbestechlichen Blick, voller Hingabe, Witz und Traurigkeit erzählt Bettina Flitner die Geschichte einer innigen Geschwisterbeziehung. Indem sie erinnert, schreibt sie gegen den Tod an, im Schreiben verarbeitet sie ihren Schmerz. Meine Schwester (Kiepenheuer & Witsch) ist ein tief bewegender Text. Jürgen Wiebicke moderiert.
Meine Fragen habe ich nicht beantwortet bekommen. Im Gegenteil. Es sind noch mehr Fragen hinzugekommen. Aber vielleicht ist es ja so, dass die Fragen wichtiger sind als die Antworten. Eins aber hat sich grundlegend verändert. Schon als ich schrieb, habe ich es gemerkt. Das Gefühl des Ausgeliefertseins wich. Es wurde leichter, immer leichter. Ich tauchte zurück und holte Stück für Stück hoch. Alles, was seit Jahren in Kommode und Keller gelegen hatte. Ich fand Briefe und Fotos und ein Tagebuch. Ich musste lachen. Ich musste weinen. Ich wurde wütend.
Im Schreiben liegt ein ungeheurer Trost. Davon zeugt Bettina Flitners autobiographisches Buch Meine Schwester, in dem sie den tragischen Verlust ihrer Schwester verarbeitet, erzählend ihre eigene Trauer bewältigt. Drei Jahre liegt es im Moment des Niederschreibens zurück, dass sich die geliebte Person das Leben nahm – ein Schock, auf den Verzweiflung und Lähmung folgten. Den Ausbruch aus Trauer und Resignation schafft sie schlussendlich, als sie zu schreiben beginnt: Meine Schwester ist ein Buch der Befreiung.
Mit beinahe fotografischem Blick erzählt Bettina Flitner von einer innigen, komplexen Geschwisterbeziehung und stellt sich in aufrichtiger Selbstreflexion den Gespenstern der Vergangenheit. Entstanden ist ein mutiges Buch, das zum Thema macht, was vielerorts tabuisiert und totgeschwiegen wird. Ein Dokument der Hoffnung, das in der vermeintlichen Ausweglosigkeit Perspektiven findet.
Veranstaltungspartner: lit.COLOGNE, Kiepenheuer & Witsch
Foto: (c) Bettina Flitner