Zusammenfassung
Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Lesereihe LAND IN SICHT haben wir mit Mario Frank gesprochen, der seit Beginn der Reihe das Design verantwortet.
Lieber Mario, die Kölner Lesereihe LAND IN SICHT feiert am 17. Oktober ihr 10jähriges Jubiläum – und damit auch ihr Ende. Du hast von Anfang an das Design der Reihe entwickelt und zu jeder Ausgabe ein eigenes Plakat erstellt. Wie bist du damals zum Team gestoßen?
Als ich 2011 nach Köln gezogen bin, um an der KISD Design zu studieren, hatte ich keine Kontakte in Köln und wollte mich mit der Kunst- und Kulturszene verbinden. In einer der ersten Wochen meines ersten Semesters gab es einen Aufruf des Performance Kollektivs „F ANG“, in dem nach Künstler:innen, Gestalter:innen, Fotograf:innen gesucht wurde, um gemeinsam an literarischen Performances zu arbeiten. Das hat mich direkt interessiert und ich habe prompt André Patten und Alexander Bartsch an der Treppe vorm Dom getroffen. Der Artschool-Vibe unseres ersten Treffens hat mir direkt zugesagt und so haben wir in den folgenden Jahren viele gemeinsame Projekte umgesetzt – von Performances mit Live-Video und Geige in alten Hallen auf einem verlassenen Güterbahnhofsgelände über die Produktion eines Tanzfilms bis zu störenden Literaturperformance-Geschreien während der Tour Belgique in Szenekneipen. Als ich dann 2014 für ein Auslandssemester in Hongkong war und nach Köln zurückgekommen bin, haben André und Alex mir berichtet, dass es F ANG nicht mehr geben wird und ich war sehr traurig. Die Trauer wurde dann aber glücklicherweise durch eine Energie abgelöst, ein neues Projekt gemeinsam zu starten – und das war Land in Sicht!
Gibt es zum Abschluss der Reihe noch ein besonderes Design?
Zum Abschluss der Reihe erinnere ich mich an die 55 Entwürfe für LAND IN SICHT-Plakate. Der Ausruf „Land in Sicht“ trägt ein maritimes Bild in sich und bedeutete für mich schon immer auch eine Geschichte von Neuem und fluiden Zuständen. Das habe ich mit der Gestaltung immer versucht nach außen zu transportieren und so gab es im Verlauf der LAND IN SICHT-Jahre auch immer unterschiedliche Logos und Entwürfe im Bereich Website, Plakatgestaltung, Animation. 2016 habe ich dann die Wellenbewegung aus einer Aufnahme vom Meer abstrahiert und auf einen Schriftzug transformiert und das ist bis heute das Logo der Reihe und des Vereins geblieben. Somit entsteht innerhalb eines Loops ein sich immer wieder wandelndes Bild von „Land in Sicht“. Diese Wandelbarkeit und eine Adaptionsfähigkeit haben auch die unterschiedlichen Entwürfe für die unterschiedlichen LAND IN SICHT-Abende in sich und mit dem Design für die letzte Veranstaltung habe ich eine Sammlung dieser unterschiedlichen Entwürfe ins Zentrum gestellt.
Was würdest du sagen, muss ein gutes Design für Literaturveranstaltungen generell leisten und was geht gar nicht?
Wie jede gute Gestaltung sollte ein Design für Literaturveranstaltungen vom Kontext aus sich entwickeln. Daher fällt es schwer eine pauschale Aussage darüber zu treffen, was zum Beispiel „gar nicht geht“. Allgemein würde ich aber sagen, dass es erfolgsversprechend sein kann im Kontext von Literaturveranstaltungen einen Fokus auf Text, Lesbarkeit, Schrift, auch experimentelle Ansätze von Typografie zu setzten.
Gibt es Designs z.B. für Buch-Cover, andere Literaturveranstaltungen oder Homepages von Literaturorganisationen, die dir besonders gut im Kopf geblieben sind?
Die Gestaltung der Reclam Hefte. Das ist so klar und charakteristisch und hat einen Trend zu „neuer Ehrlichkeit“ oder auch minimalistischer Gestaltung lang vorweggenommen. Das Zine BOX von Max Lamb. Darin geht es um seine experimentelle Arbeit mit Kartons und das Zine ist auf Recyclingpapier gedruckt und von einem Karton umschlossen. Sehr klares Design mit starkem Bezug zum behandelten Material. Dann: „Fully cohesive Plan for a new and better society“ von David Shrigley. Ein toller Umgang mit diesem durchaus größenwahnsinnigen Vorhaben und seiner tollen handschriftlichen Art und Skizzen. Und auch: „Walking Svalbard“ von Willem Verbeek. Ein sehr schönes Photo Book über ein Projekt im dunkelsten Ort der Welt mit einem Tollen Cover und einem sehr schönen bedruckten Umschlag. Außerdem alles, was Toilet Paper Magazine macht. Die Magazine und Bücher schaffen es immer wieder eine überladende Farbigkeit mit reduzierter Klarheit zu verbinden. Es stecken komplexe Geschichten in sorgfältig komponierten und verstörenden Bildern. Wirklich gut! Shoplifting from American Apparel von Tao Lin hat ein gutes Cover. Das hat auf eine Art eine ganze Bewegung and Gestaltung ausgelöst, die sich an Mid-Century Klassikern orientiert. Im Web finde ich wetter-magazin.com ist eine schöne Website und das Magazin ist auch gut gestaltet. Auch DUMMY Magazin finde ich oft spannend. Sie haben zudem den Ansatz Gestalter:innen für die jeweilige Ausgabe einmalig einzuladen und so ändert es sich immer wieder.
Vielen Dank für deine Antworten, lieber Mario!
Mario Frank ist integrierter Designer, Fotograf, Videokünstler und Kulturaktivist, dessen Fokus auf Grafikdesign, Fotografie und kultureller Produktion liegt. Neben eigenen Projekten arbeitet er unregelmäßig an Auftragsarbeiten. Als Mitbegründer von „frankaflux“, einem Studio für Videoproduktion, Livestreaming und hybride Veranstaltungen, bietet er ganzheitliche Lösungen von der Beratung bis zur Umsetzung an. Er ist außerdem Mitbegründer von „STUDIO242“, einem Foto- und Videostudio in Köln, sowie der Literaturinitiative „Land in Sicht e.V.“. Lehrtätigkeiten an Hochschulen wie der Köln International School of Design, der Kunsthochschule für Medien Köln, macromedia Hochschule und der Bergischen Universität Wuppertal ergänzen sein künstlerisches Schaffen. Weitere Informationen unter www.mariofrank.com.