Mit gleißender Klarheit und schneidendem Witz zeigt Julia von Lucadou in Tick Tack (Hanser Berlin) einen Ausschnitt unserer Gegenwart, in der sich digitale und reale Wirklichkeit komplett durchdringen. Mit Anne Burgmer spricht sie über soziale Medien, Mainstream und Wut.
Auf den Kapitalismuszug aufspringen, ist Teil der Sabotagestrategie. Wir sind solange Teil der Maschine, bis wir das System von innen ausgenagt haben. Hohlheit für Hohlheit.
Einserschnitt im letzten Zeugnis, Ethikpreis und das Stipendium des Begabtenförderungsfonds des Landes NRW: Mette, 15, ist brillant und zugleich voller Wut auf die Verlogenheit der Welt – und verwirrt ihr privilegiertes Umfeld mit einem Selbstmordversuch. Als sie Jo kennenlernt, glaubt sie, einen Verbündeten zu finden. Er rekrutiert Mette für den Kampf gegen den Mainstream. Es beginnt ein Spiel, dessen Regeln Mette nicht durchschauen kann.
Mit ihrem Debütroman Die Hochhausspringerin (Hanser Berlin) stand Julia von Lucadou 2018 auf der Shortlist für den Schweizer Buchpreis. Widmet sie sich hier einer dystopisch kalten Zukunft, so schaut in Tick Tack ein junges Mädchen mit zynisch-sezierendem Blick auf die Welt von heute.
Wenn wir das Schicksal der Menschheit in den Händen von geriatrischen, testosterongesteuerten, geldgierigen CEOs lassen, haben wir bis zur Rente keinen Planeten mehr.
Julia von Lucadou erzählt kraftvoll und klug von unserer Gegenwart – auf perfide Weise unterhaltsam und zugleich verunsichernd.
Foto: (c) Guido Schiefer